Borkenkäfer, Dürre, Klimawandel, Wald- und Vegetationsbrände – die Herausforderungen für den Erhalt, die Pflege und die Bewirtschaftung des Stadtwalds sind in den letzten Jahren spürbar gestiegen. Für den rund 1.200 Hektar großen Stadtwald bedeutet dies einen rasanten und unausweichlichen Wandel, wie Forstwirt Martin Siemes am Wochenende den Teilnehmenden der beiden exklusiven Führungen durch den Stadtwald mit auf den Weg gab. Mit den beiden Führungen beteiligte sich die Stadt Bad Honnef an den Deutschen Waldtagen 2020.
Die Nachfrage nach den Führungen war derart groß, dass die jeweils 30 Plätze je Führung binnen kürzester Zeit belegt waren, freute Siemes: „Unser Stadtwald ist ein vitaler und spannender Lebensraum. Mit einer modernen, nachhaltigen Waldwirtschaft tun wir alles dafür, dass dies jetzt und auch in Zukunft so bleibt.“ Denn wer einen Wald bewirtschaftet, muss in Jahrzehnten und Generationen denken, erklärte der Forstwirt den Teilnehmenden: Bereits 1713 hatte Hans Carl von Carlowitz den Nachhaltigkeitssatz für die Waldwirtschaft beschrieben, sodass immer nur so viel Holz geschlagen werden dürfe, wie durch planmäßige Aufforstung nachwachsen könne. „Dank dieses Leitsatzes haben wir heute in Deutschland die nachhaltigsten Forstwirtschaftspläne der Welt“, berichtete Siemes: „Der Borkenkäfer macht nun aber die Planung von Jahrzehnten in wenigen Jahren zunichte.“
Das ist passiert: Borkenkäfer sind in den heimischen Wäldern seit vielen Jahren präsent, seit 2017 aber in problematischer Anzahl. Nach einem milden Winter Ende 2017 folgte Anfang 2018 eine rasante Ausbreitung. „Dazu hat auch das Sturmtief Friederike beigetragen, welches viele Fichten umgeworfen oder beschädigt hatte. Für die Borkenkäfer waren die am Boden liegenden Bäume ein nahezu ideales Buffet.“ Als nach dem milden Winter und dem Sturmtief auch noch ein Dürresommer folgte, wurde der Schutzmechanismus der Bäume, eindringende Käfer mit klebrigem Baumharz in Schach zu halten, mangels Wasser im Boden ausgehebelt. „Bis zu 10.000 Männchen des Buchdruckers und des Kupferstechers, wie die beiden Borkenkäferarten genannt werden, leben in einem toten Baum. Sie vermehren sich drei bis vier Mal im Jahr und suchen dann Futter. Wird ein Baum befallen, stirbt er meist binnen vier Wochen ab“, zeigte der Forstwirt den Teilnehmenden: „Man erkennt das an den grünen Nadeln, die abgeworfen werden, und am Bohrmehl unten rund um dem Stamm.“
Nicht nur im Siebengebirge fand der Borkenkäfer reichlich Nahrung, erklärte der Forstwirt seinen Gästen: „In den Nachkriegsjahren ist die Fichte als schnellwachsender, unkomplizierter und günstiger Baum flächendeckend gesetzt worden.“ So sind heute etwa 450 Hektar des 1.200 Hektar großen Stadtwalds mit Fichten besetzt. Etwa die Hälfte der Fichtenflächen sind vom Borkenkäfer befallen oder bereits zerstört worden: Bei 72 Hektar sprechen die Forstwirte vom „Frischbefall“, weitere 116 Hektar wurden bereits abgeräumt. Die beim Abräumen entstandenen Freiflächen wurden und werden mit Neupflanzungen für die Zukunft neu aufgestellt: Alle Zeichen stehen auf Vielfalt, um Monokulturen für die Zukunft zu vermeiden.
Eine Entwicklung, die auch die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Bad Honnef begrüßt und die beiden Führungen mit Sachverstand unterstützte: Totes Holz nach Schädlingsbefall und Dürre sorgen für mitunter erhebliche Waldbrandrisiken. „Daher ist es umso wichtiger, Brandquellen wie offenes Feuer, Rauchen und auch parkende Pkw außerhalb der dafür vorgesehenen Flächen unbedingt zu vermeiden“, gab die Feuerwehr den Teilnehmenden mit auf den Weg. Die Feuerwehr arbeitet regional über überregional an Strategien zur Waldbrandbekämpfung, um möglichst schnell und zielgenau auf Brandentwicklungen reagieren zu können. Zeit spiele dabei eine entscheidende Rolle, so die Feuerwehr bei den Führungen: „Je frühzeitiger der Brand gemeldet wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass er schnell gelöscht werden kann. Im Wald gibt es keine Unterflurhydranten. Die Löschwasserversorgung erfolgt mit langen Leitungen, mit Tanklastern im Pendelverkehr oder Notfalls aus der Luft. All das ist kompliziert und kostet Zeit, in welcher sich zum Beispiel ein kleiner Brand auf einer Grünfläche neben einem Parkplatz zu einem gestandenen Waldbrand ausbreiten kann.“
Um die Ausbreitung der Borkenkäfer auszubremsen und zugleich die Brandlast im Wald zu senken, setzt die Stadt Bad Honnef verschiedene Techniken ein, befallene und abgestorbene Bäume aus dem Wald zu entfernen. Neben der händischen Verarbeitung mit Kettensägen kommt hierzu ein sogenannte „Harvester“, eine halbautomatische Ernte- und Zerlegemaschine, zum Einsatz. „Während wir Forstwirte etwa zwei bis drei Fichten je Stunde verarbeiten, schafft der Harvester 20 bis 30 Bäume je Stunde“, zeigte der Forstwirt am schweren Gerät: „Um den Waldboden zu schonen, haben wir ein festes System an Rückegassen mit festgelegten Fahrspuren, die zudem mit Ästen und Reisig bedeckt werden, um den darunterliegenden Waldboden zu schonen.“ Der Harvester sei in der derzeitigen Situation das beste Mittel der Wahl, um das Totholz schnell und sicher aus dem Wald zu schaffen, sodass das Holz noch vermarktet, die Brandlast gesenkt und zugleich der Lebensraum Wald revitalisiert werden kann. Die Wiederbelebung der Freiflächen erlebten die Gäste der Führungen direkt in Theorie und Praxis: Die Teilnehmenden waren eingeladen, unter fachkundiger Anleitung jeweils selbst einen neuen Baum im Wald zu pflanzen.
Quelle: Thomas Heinemann – Stadt Bad Honnef
23.09.2020-264