Die Negativentwicklung der vergangenen Jahre beim Fahrradklima-Test im Rhein-Sieg-Kreis konnte gestoppt werden. In zahlreichen Kommunen gibt es auch Verbesserungen. Dies ergibt sich aus dem ADFC-Fahrradklima-Test 2020, einer bundesweiten Befragung von Radfahrenden, deren Ergebnisse für den Rhein-Sieg-Kreis der ADFC und Vertreter der Kreisverwaltung jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt haben.
Die Befragung wird alle zwei Jahre durch den ADFC mit Unterstützung des Bundesverkehrsministeriums durchgeführt. Bei der jüngsten Befragung im Herbst 2020 gab es erneut eine Rekordbeteiligung mit mehr als 2.000 Befragten im Rhein-Sieg-Kreis. Damit sind nun erstmals auch Zahlen für Neunkirchen-Seelscheid, Eitorf und Windeck verfügbar, lediglich Much und Ruppichteroth bilden noch „weiße Flecken“ auf der Klimatest-Landkarte. Die positive Resonanz spiegelt insgesamt das gestiegene Interesse am Radfahren wider.
Die Durchschnittsbewertung im Rhein-Sieg-Kreis liegt nun bei 4,0 auf einer Schulnoten-Skala und ist damit gegenüber 2018 (4,1) geringfügig verbessert. Betrachtet man nur die 14 Kommunen, die bereits 2018 in der Auswertung waren, liegt der aktuelle Wert für den Kreis bei 3,9, hat sich damit also um 0,2 Notenstufen verbessert. „Das ist kein Riesenerfolg, aber immerhin: Nachdem es seit 2014 immer nur nach unten ging, ist dies ein erster Schritt nach vorn, der sich hoffentlich in der Zukunft fortsetzen wird“, fassen Dr. Peter Lorscheid und Dr. Georg Wilmers, verkehrspolitische Sprecher des ADFC für den Rhein-Sieg-Kreis, das Befragungsergebnis zusammen.
Leihsystem besser bewertet
Den größten Schritt nach vorn konnte der Rhein-Sieg-Kreis beim Kriterium der Leihradsysteme machen. Kreisweit hat sich die Benotung hierfür von 4,8 auf 4,0 verbessert.
Dies liegt vor allem an den linksrheinischen Kommunen, in denen das RVK-Bike 2019 eingeführt wurde – hier liegen die aktuellen Benotungen rund zwei Notenstufen über denen von 2018. Doch auch im rechtsrheinischen macht sich die Einführung des RSVG-Bikes bemerkbar, obwohl es während des Befragungszeitraums im letzten Herbst gerade erst eingeführt wurde. In den Kommunen, in denen das RSVG-Bike 2020 eingeführt wurde (Sankt Augustin, Niederkassel, Hennef, Siegburg), wurde das Leihradsystem immerhin bereits mehr als eine Notenstufe besser bewertet als zuvor.
Dr. Andre Berbuir, Fachbereichsleiter Verkehr und Mobilität beim Rhein-Sieg-Kreis, freut sich über diese positive Rückmeldung und merkt an, „dass der Rhein-Sieg-Kreis mit dem geplanten flächenhaften Angebot von Mieträdern als erster Landkreis in Deutschland dieses in den Nahverkehrsplan integriert hat. Bislang werden Leihräder vor allem in Großstädten angeboten“.
Weiterhin großer Bedarf bei der Infrastruktur
Besonders wichtig sind den Befragten Infrastruktur-Kriterien wie das Sicherheitsgefühl, Konflikte mit Kraftfahrzeugen, die Akzeptanz als Verkehrsteilnehmer und die Hindernisse auf Radwegen wie z.B. Poller und Umlaufsperren. Diese wie auch andere Infrastruktur-Themen wie die Falschparker-Kontrolle, die Baustellenführung und die Ampelschaltungen sind weiterhin unter den am schwächsten bewerteten Kriterien. „Was die Radverkehrsinfrastruktur angeht, sind die Bewertungen weiter schlecht und gegenüber 2018 auch praktisch unverändert“, so Dr. Georg Wilmers.
Harald Pütz, Leiter des Straßenverkehrsamtes des Rhein-Sieg-Kreises macht hier Hoffnung: „Zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen in den kreisangehörigen Städten und Gemeinden nehmen Radverkehrsthemen immer breiteren Raum in der täglichen Arbeit ein. So wurde im letzten Jahr ein Arbeitspapier zu Pollern und Umlaufsperren entwickelt, das in Kürze greifen soll“. Zudem wird sich der Rhein-Sieg-Kreis noch intensiver dem Radwegebau an Kreisstraßen widmen. Hierfür werden aktuell die Weichen in der Haushaltsplanung gestellt.
„Der Eindruck, dass die Infrastruktur angesichts des Rad-Booms, der sich durch Corona nochmals verstärkt hat, nicht mehr mithalten kann, wird durch den Fahrradklima-Test erneut bestätigt“, sagt ADFC-Sprecher Dr. Peter Lorscheid. „Rhein-Sieg-Kreis, ADFC und zahlreiche Kommunen arbeiten bei RadPendlerRouten zwar gut zusammen. Die Planungen und spätere Umsetzung dauern aber angesichts der großen Herausforderung bei der Mobilitätwende zu lange.“
Ergebnisse in den einzelnen Kommunen
Was die einzelnen Kommunen betrifft, liegen im Rhein-Sieg-Kreis Licht und Schatten dicht beieinander. Kreisweit vorn liegt – wie schon in den vergangenen Jahren – Meckenheim mit einer Gesamtnote von 2,7. Dieses Mal hat es sogar für die Silbermedaille gereicht: Unter den Städten mit 20-50.000 Einwohnern liegt das fahrradfreundliche Meckenheim bundesweit auf dem zweiten Platz. ADFC und Rhein-Sieg-Kreis gratulieren gemeinsam: Meckenheim punktet in allen Bereichen und profitiert insbesondere von seiner systematischen Radverkehrsförderung, in der das Fahrrad als gleichwertiges Verkehrsmittel anerkannt und immer mitgedacht wurde.
Am anderen Ende der Notenskala liegen vor allem Gemeinden aus dem Bergischen und dem Siebengebirge: Windeck (4,3) Königswinter (4,4) sowie Neukirchen-Seelscheid, Bad Honnef und Eitorf (alle 4,5). Hier zeige sich, dass in diesen Berg-Gebieten es an Fahrrad-Infrastruktur weitgehend fehlt, betont Dr. Peter Lorscheid. „Angesichts immer mehr Pedelecs fahren aber auch hier immer mehr Leute Fahrrad und vermissen Radwege, die in den letzten Jahrzehnten leider nicht gebaut wurden.“
„In den Siebengebirgs-Kommunen kommt zu den Problemen in bergigem Gelände die große Enge auf dem Rhein-Radweg noch hinzu“, ergänzt Dr. Lorscheid. Aber auch dort sind Verbesserungen geplant: So möchten beide Städte den Rheinradweg ausbauen und auch in der Innenstadt zahlreiche Verbesserungen für den Radverkehr erreichen.
Quelle: Rhein-Sieg-Kreis (ps)
Erstellt 22.03.2021 – vom 19.03.2021 – 134