„Tiere statt Therapie“ — AWO eröffnet in Bad Honnef Café Seelengarten für Kinder psychisch kranker Eltern

AWO Seelengarten - 3 Kinder mit Ponys -- Foto privat-AWO Bonn-Rhein-Sieg e.V.

Das Sozialpsychiatrische Zentrum der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Bonn/Rhein-Sieg hat mit dem Café Seelengarten ein neues Angebot für Kleinkinder eröffnet, deren Eltern psychisch erkrankt sind. Betroffene Familien können sich im Umfeld des Tierhofes Löwenherz austauschen und erhalten in einem geschützten Raum in idyllischer Umgebung konkrete, praktische Hilfe. Die Interaktion mit zahlreichen ausgebildeten Tiere soll zur Entspannung beitragen, Stress abbauen und die Widerstandskraft fördern. Für Heinz-Willi Schäfer, Kreisvorsitzender der AWO, ist das Café Seelengarten „eine Oase der Hoffnung und Unterstützung. Es bietet kontinuierliche Hilfe in einem warmen, einladenden Umfeld“.

Psychische Erkrankungen belasten Eltern und ihre Kinder in besonderem Maße. „Eltern sind mit den Folgen der Krankheit ohnehin oft schon überfordert und wissen nicht, wie sie in dieser Situation auch noch ihren Kindern gerecht werden können“, weiß Schäfer. „Ihre Kinder verstehen im wahren Wortsinn die Welt nicht mehr, nehmen sich zurück, übernehmen mehr Verantwortung als sie tragen können und suchen häufig auch noch die Schuld bei sich“, ergänzt Nora Babinsky, Leiterin des Sozialpsychiatrischen Zentrums (SPZ) Eitorf. Besonders belastend sei die Situation für Kleinkinder, die das Geschehen rational noch gar nicht erfassen können, deren Bedürfnis nach Stabilität ins Wanken gerät und die mit Gefühlen wie Angst, Wut, Schuld oder Überforderung konfrontiert sind.

Das SPZ leiste mit seinem Angebot „Kinder im Mittelpunkt“ Hilfe für Kinder psychisch kranker Eltern. „Unsere Fachleute beraten einerseits die Eltern und helfen ihnen dabei, trotz Erkrankung ´gute Eltern´ zu sein“, schildert Nora Babinsky. „Andererseits helfen wir den Kindern, altersgemäß Verständnis zu entwickeln und mit den eigenen Gefühlen besser umgehen zu können“.

 

Psychischen Belastungen vorbeugen
Das Café Seelengarten auf dem Tierhof Löwenherz in Bad Honnef bietet Beratung, Vernetzung, Hilfestellung und Gespräche. Eine wichtige Rolle spielen vor Ort je zwei Pferde, Hunde und Tauben sowie drei Ponys und fünf Hühner. „Die Tiere auf dem Tierhöfchen Löwenherz sind sorgfältig ausgewählt und trainiert, um eine sichere und positive Umgebung für die Gäste zu schaffen“, erzählt Becker-Mertelmeyer, Leiterin des Cafés Seelengarten.

AWO Seelengarten – Schwein und Huhn — Foto privat-AWO Bonn-Rhein-Sieg e.V.

„Sie ermöglichen den Besuchern, eine Verbindung zur Natur zu knüpfen, und bieten gleichzeitig eine sanfte, nicht wertende Gesellschaft. Diese Interaktionen können besonders wertvoll sein für Menschen, die mit psychischen Herausforderungen kämpfen, da sie eine Form der Kommunikation und des Ausdrucks bieten, die über Worte hinausgeht.“
Die Psychologin berichtet von Studien, die gezeigt hätten, dass der Kontakt mit Tieren Stress und Angstzustände reduzieren, das Selbstwertgefühl steigern und die soziale Interaktion verbessern kann.

AWO Seelengarten – Junge streichelt Schwein — Foto privat-AWO Bonn-Rhein-Sieg e.V.

„Die tiergestützten Treffen im Café Seelengarten sind darauf ausgerichtet, den Gästen zu helfen, ihre sozialen Fähigkeiten zu verbessern, Verantwortung zu übernehmen und die allgemeine Lebensqualität zu erhöhen“, erklärt die Expertin das Ziel. Das Angebot solle psychischen Belastungen oder gar Erkrankungen der Kinder vorbeugen und ergänze die klassische sozialpsychiatrische Beratung. Neben dem Umgang mit den Tieren erhalten die Gäste konkrete, praktische Hilfe für den Umgang mit  den Herausforderungen des Alltags. „Es ist ein Ort, an dem wir die Eltern nicht nur beraten und aufklären, sondern sie auch praktische Strategien entwickeln können, um mit ihrer Erkrankung umzugehen und ihren Kindern Stabilität und Sicherheit zu bieten. Und das“, hebt Becker-Mertelmeyer hervor, „ist für Kleinkinder existenziell wichtig“.
Für den AWO-Kreisvorsitzenden Heinz-Willi Schäfer hat dieser Ort einen weiteren Vorteil: „Weil Betroffene an diesem geschützten Ort offen über ihre Erfahrungen und Probleme sprechen können, trägt er dazu bei, den eigenen Familienalltag besser bewältigen zu können – und das hilft allen Betroffenen“.


Hintergrund :

Das Sozialpsychiatrische Zentrum (SPZ) Eitorf der Arbeiterwohlfahrt Das Sozialpsychiatrische Zentrum (SPZ) hilft Menschen aus Bad Honnef, Königswinter, Eitorf, Windeck, Much, Ruppichteroth und Neunkirchen-Seelscheid in seelischen Krisen von Anfang an. Über 15 Psychologen, Sozialarbeiter und andere Fachkräfte beraten, begleiten oder  betreuen Betroffene und ihre Angehörigen, auch mehrsprachig. Zu den Angeboten gehören:

  • Offene Sprechzeiten in den Kontakt- und Beratungsstellen in Königswinter, Eitorf und Ruppichteroth
  •  Beratung und Vermittlung von Hilfen
  •  Offene Treffen
  •  Angebote für ältere Menschen und ihre Angehörigen
  •  Angebote für Kindern und ihre Eltern
  •  Hilfen im Krisenfall
  •  Hilfen im Alltag
  •  Unterstützung bei der Tagesstruktur in der Tagesstätte in Eitorf und im ambulant betreuten Wohnen (für Menschen aus Eitorf und Windeck)

Quelle AWO Bonn-Rhein-Sieg  (gd)

17.09.2024