
Vier Wochen vor der Bürgermeisterwahl hat AusBadHonnef.de dem scheidenden Stadtoberhaupt Otto Neuhoff 30 Fragen zu seiner Amtszeit gestellt. Heute erscheint Teil 1 der Interviewreihe mit den ersten zehn Fragen und Antworten – ein Rückblick auf ein Jahrzehnt kommunalpolitischer Verantwortung, Herausforderungen und Entwicklungen.
Otto Neuhoff, seit 2014 Bürgermeister von Bad Honnef, spricht offen über seine Erfahrungen, Entscheidungen und persönliche Eindrücke. Die Fragen reichen von großen Infrastrukturprojekten über die Digitalisierung der Verwaltung bis hin zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das städtische Leben.
2014 sind sie von der Bevölkerung als Parteiloser Bürgermeister von Bad Honnef gewählt worden ..
a1 **.Was war damals ihr erster Gedanke als sie gehört haben das sie die Wahl gewonnen haben ?**
Das weiß ich gar nicht mehr so genau, ich erinnere mich an den unbeschreiblichen Jubel um mich herum bei meinen Unterstützern nach der ersten Auszählung eines Wahlbezirks, da war eigentlich klar, dass der Drops gelutscht war. Es war der Lohn für eine tolle Gemeinschaftsleistung im Wahlkampfteam, da war richtig Zug drin, jeden Sonntag morgen bei mir zuhause, Teamsitzung mit den drei unterstützenden Parteien B90/Die Grünen, Bürgerblock und der FDP. Das war Energie und Aufbruchstimmung: Wir rocken das … eine tolle Erinnerung.
Seitdem sind rund 11 Jahre vergangen und sie beenden auf eigenen Wunsch bald ihre 2. Amtszeit ..
1.) **Was war für Sie persönlich der schönste Moment in Ihrer Amtszeit?**
Es gab so viele schöne Momente, da ist es schwer auszuwählen. Immer dann, wenn ich Menschen aus einer schweren persönlichen Bedrängnis helfen konnte, war das sehr berührend, oder auch das Konzert mit Joan Baez auf der Insel Grafenwerth, ein tolles Ereignis. Eine bereichernde Erfahrung war auch die Entstehung des Integrierten Stadtentwicklungskonzepte mit Bürgern, Politik und Verwaltung ein Kraftakt. Das ist bis heute die Basis für Entwicklung der Stadt: Die Verlegung des Bahnhofs, die Innenstadtprojekte, die Sanierung der Sportanlagen insbesondere des Sportzentrums oder auch der Insel sind nur so möglich geworden. Wenn man bedenkt wieviel öffentliches und privates Geld in die Stadt geflossen ist und jetzt noch fließen wird, dann zeugt das von der Zukunftsfähigkeit unserer Stadt.
2.) **Gab es eine Situation, die Sie besonders erschüttert oder herausgefordert hat?**
Ja, natürlich die beiden Flüchtlingswellen, die wir erlebt haben, ich war dabei, wie die Menschen mit Nichts hier ankommen und wir hatten große Not gerade 2015 alle unterbringen zu können. Das hat mich erschüttert und phasenweise schlecht schlafen lassen
3.) ** Wenn Sie auf Ihre Arbeit zurückblicken worauf sind sie am meisten stolz? **
Ich konnte etwas dazu beitragen, dass die Fraktionen im Rat wieder kooperieren. Der Umgang miteinander war vorher nach meiner Beobachtung ein ziemliches Desaster. Das hat sich dann auch in den Ergebnissen widergespiegelt. Und auch die Arbeitsfähigkeit der Verwaltung hat sich in meiner Zeit wesentlich verbessert, Projekt-Management und Personalentwicklung haben dazu beigetragen, dass wir wieder handlungsfähig geworden sind. Das Führungsteam ist zusammengewachsen und hat einige beeindruckende Ergebnisse erzielt. Das Haushaltssanierungsprojekt war der Startpunkt von vielen herausragenden Ergebnissen, das hat die Verwaltung zusammengeschweißt und ihr wieder Selbstvertrauen gegeben. Das war die Basis …
Die Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit insgesamt machen mich stolz. Im Bereich der Wirtschaftsförderung haben wir herausragende Erfolge erzielt, der Leuchtturm dabei ist sicher, dass die Weltfirma Wirtgen jetzt am Dachsberg auch in Bad Honnef ansässig ist und mit hochqualifizierten Arbeitsplätzen und auch den Gewerbesteuern einen erheblichen Beitrag zum Wohlstand in der Stadt beiträgt. Die Zusammenarbeit mit den Gebrüdern Wirtgen und ihrem Team aber auch mit unserem Projektteam unter der Leitung von Johanna Liel, das war schon inspirierend, genauso wie das Projekt zur Realisierung der neuen Passage in die Innenstadt, mit etlichen Eigentümern, die unter einen Hut gebracht werden mußten, eine schöne Gemeinschaftsleistung, die jetzt Früchte trägt. Da haben mir viele vorher abgeraten, weil mehrere Versuche in der Vergangenheit gescheitert seien.
4.) **Welche Entscheidung war für Sie die schwierigste – und warum?**
Da waren viele sehr schwierige Phasen mit schwierigen Entscheidungen, wie z.B. in der Flüchtlingskrise. Aber abgesehen davon, ist mir die Entscheidung für die Sporthalle in Aegidienberg in guter Erinnerung geblieben. Da standen 500.000 T€ von Josef Bellinghausen auf dem Spiel und die Zeit lief ab, Ende 2017 – das war 2008 die Bedingung des Erblassers musste die Halle stehen. Mein Ehrgeiz war es, die große Halle zu realisieren, das war aber riskant. Mithilfe einer funktionalen Ausschreibung und eines hochprofessionellen Generalunternehmers hat das nach erheblichen Schwierigkeiten auch in der Entscheidungsfindungndoch noch geklappt. Die bewegende Einweihung am 1. Dezember ist bei mir in guter Erinnerung, das war wichtig für Aegidienberg!
5.) **Wie hat sich Bad Honnef in den letzten zehn Jahren verändert – und was war Ihr Beitrag dazu?**
Bad Honnef hat wieder eine Orientierung, eine Strategie für die Zukunft, das ist in der politischen Debatte immer wieder mein Anspruch gewesen, die Zukunftsfragen in den Mittelpunkt zu stellen und sich nicht im Kleinen zu verzetteln. Das hat sich gelohnt, die Ergebnisse werden die nächsten 10, 20 Jahre und darüber hinaus die Stadt prägen. Die Grundlagen für die Zukunft der Stadt haben sich massiv verbessert, wir wissen wovon wir leben wollen und das Denken hat sich verändert, die Honnefer Kirchturmperspektive ist erweitert worden, das Bewusstsein für die Bedeutung der regionalen Einbindung gewachsen.
Darüber hinaus hat sich mE das Bewusstsein in der Bürgerschaft verschoben. Der Gemeinschaftsgeist hat sich sehr positiv entwickelt. Das kann man mit Zahlen belegen: Zu Beginn meiner Amtszeit waren rund 100 Bürger bei uns als Ehrenamtliche Helfer in der Flüchtlingsintegration registriert, jetzt sind es über 500 Bürger, die nicht nur in der Integrationsarbeit, sondern auch im Projekt „Gemeinsam statt einsam“ unterwegs sind oder auch in den Klima-Initiativen oder die Schulung von Senioren bei der Nutzung von Tablets oder Smartphones. Darum beneiden mich viele meiner Kollegen. Ich bin sicher, dass die Bedeutung des bürgerschaftlichen Engagements noch weiter steigen wird. Die Bürgerstiftung hat sich enorm entwickelt in den letzten Jahren … „Stadt, das sind wir alle!“
Das kann man auch bei der Entwicklung des kulturellen Angebots sehen: Die vielen neuen Formate „Hautnah im Kleinkunstkeller“, Musik im Veedel, Musik im Pavillon, zuletzt auch Kurhaus „Live“ neben dem Kulturring, der Johannes-Wasmuth-Gesellschaft und, und, und …
6.) **Gab es ein Projekt, das Ihnen besonders am Herzen lag, aber nicht umgesetzt werden konnte?**
Ich hätte gerne den Neubau des Gemeindezentrums hinter der katholischen Kirche realisiert und auch der Kreisel am Freyberg ist nicht so weit, wie er eigentlich geplant war …
7.) **Wie würden Sie den „Geist“ oder das Lebensgefühl von Bad Honnef beschreiben?**
„Lebensfreude verbürgt“ oder auch in der Krise „Solidarität verbürgt“ treffen es schon ziemlich gut …
8.) **Was haben Sie aus Ihrer Zeit als Bürgermeister über Menschen und Führung gelernt?**
Politische Führung ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die nicht nur von der Kraft der Argumente abhängt. Die Prozesse bis zur Entscheidung sind kommunikativ viel aufwändiger als in einem Unternehmen und von vielen Widersprüchen geprägt. Geduld und Entschlossenheit sind zu balancieren. Mit etwas Humor kann diesen Prozess auch mit dem Verdauungsvorgang eines Wiederkäuers vergleichen, da sind mindestens vier Mägen beteiligt. Und wenn alle zugestimmt haben, dann heißt das nicht, dass alle dann in der Folge dazu stehen. Man sollte also öfter in den Rückspiegel schauen, ob noch jemand folgt.
9.) **Welche Begegnung mit Bürgerinnen und Bürgern ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?**
Sehr, sehr viele Begegnungen, die Begegnung mit unseren Bürgern war mir immer wichtig, gerade bei den repräsentativen Termin habe ich viele Anregungen und positive Resonanz bekommen. Ich erinnere mich aber auch an mehrere Gespräch mit weinenden Eltern in der Anfangsphase. Da hatten wir kein weiterführendes Schulangebot für Schüler mit Hauptschulempfehlung. Das bedeutete für einige sehr weite Anfahrten zu Schule. Der Vertrag mit dem Erzbistum Köln war deswegen ein Meilenstein für mich in der Bildungslandschaft. Da bin ich heute noch stolz und dankbar, dass wir das gemeinsam mit dem Erzbistum hinbekommen haben.
10.) **Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger oder Ihrer Nachfolgerin für die kommenden Jahre?**
Dass er oder sie- gerade auch in der Einführungsphase – mindestens die Unterstützung bekommt, wie ich sie in den letzten Jahren genießen konnte. Alleine ist das Amt nicht erfolgreich zu gestalten, Kooperation ist das Entscheidende. Dazu gehört, dass der neue Stadtrat weiter grundsätzlich an der beschlossenen Strategie und der ihrer Umsetzung festhält. Darüber hinaus Mut und gute Nerven, wenn man etwas Relevantes tut, gehört die Kakophonie (nicht nur im Netz) zwangsläufig dazu.

Otto Neuhoff ist der amtierende Bürgermeister der Stadt Bad Honnef in Nordrhein-Westfalen. Er wurde erstmals 2014 gewählt und 2020 mit 55,95 % der Stimmen direkt im ersten Wahlgang für eine weitere Amtszeit bestätigt. Anfang 2026 erklärte er, dass er nicht erneut für das Amt des Bürgermeisters kandidieren werde. Neuhoff ist parteilos, wurde aber von CDU, FDP und dem Bürgerblock unterstützt.
Hintergrund und Karriere
Geboren: 11. Mai 1959 in Bad Honnef
Ausbildung: Jurastudium an der Universität Bonn, Referendariat am Landgericht Wuppertal
Beruflicher Werdegang: Führungspositionen bei der Deutschen Bundespost, Postbank und Deutschen Telekom, u. a. als Geschäftsführer und Bereichsleiter
Privat: Verheiratet, drei Kinder, zwei Enkel; spielt in der Band „Bäd Honnef“ und war Tischtennisspieler
Politisches Engagement
Neuhoff setzt sich für nachhaltige Stadtentwicklung, Sicherheitspartnerschaften und interkommunale Zusammenarbeit ein. Zuletzt äußerte er sich deutlich gegen Gewalt und Vandalismus im politischen Raum, nachdem ein CDU-Büro in Bad Honnef beschädigt wurde.
Teil 2 mit den nächsten zehn Fragen folgt in Kürze.
(eb)
16.08.2025