Integrationspreis 2019 des Rhein-Sieg-Kreises auch für die Internationale Nähstube in Bad Honnef

Die Internationale Nähstube aus Bad Honnef erhielt den Integrationspreis des Kommunalen Integrationszentrums des Rhein-Sieg-Kreises – links: Landrat Sebastian Schuster und rechts Staatssekretärin Serap Güler

Die Internationale Nähstube in Bad Honnef gehört zu den Gewinnern des Integrationspreises, der vom Kommunalen Integrationszentrum des Rhein-Sieg-Kreises ausgelobt wurde. In der Kategorie „Partizipative Projekte und Maßnahmen“ hat die Nähstube das Rennen gegen die anderen 16 Bewerbungen gemacht und erhält 1.000 Euro. So wichtig wie das Geld ist die öffentliche Anerkennung: In einer Feierstunde im Siegburger Kreishaus würdigten Staatssekretärin Serap Güler und Landrat Sebastian Schuster die Preisträger aller drei Kategorien. Landrat Sebastian Schuster sagte: „Integration ist ein sehr wichtiger Bestandteil der Gesellschaft. Dank Projekten wie zum Beispiel die der drei Gewinner des ersten Integrationspreises des Rhein-Sieg-Kreises stärken den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“ Respekt, Akzeptanz und Zusammenhalt zu fördern, sind die Ziele des Integrationspreises.

Unter dem Dach der Arbeiterwohlfahrt wurde die Internationale Nähstube am 19.10.2015 eröffnet. Seitdem treffen sich jeden Montagnachmittag Frauen mit und ohne Migrationshintergrund zum Nähen und Handarbeiten. Der Raum in der ehemaligen Konrad-Adenauer-Schule wurde von der Stadt Bad Honnef zur Verfügung gestellt. Stadt Bad Honnef, die evangelische Kirchengemeinde und die Caritas unterstützen das Projekt von Anfang an.

Initiatorin ist Brigitte Meyer auf der Heide. Sie ist ehemalige Ratsfrau und mit ihrem Team mit Herzblut im ehrenamtlichen Bereich tätig. In der Bewerbung für den Integrationspreis schrieb sie über die Nähstube: „Ziel des Projekts ist die Integration ausländischer Frauen in unsere Gesellschaft durch das Angebot zum gemeinsamen Nähen und Handarbeiten. In der Nähstube sind alle Frauen willkommen, egal woher sie kommen. Syrische Frauen auch mit ihren Kindern sind in der Mehrzahl, aber es kamen und kommen Frauen aus asiatischen und afrikanischen Herkunftsländern, auch aus Südamerika und natürlich Europa.“

Die Frauen stellen aus gespendeten Stoffen, Garnen, Wolle und Zubehör dekorative  und nützliche Sachen wie Topflappen oder Kissenbezüge her. Ganz besonders beliebt sind die Stofftaschen, um Einkäufe zu transportieren. Diese Taschen „Stoff statt Plastik“ demonstrieren, dass Wert auf Nachhaltigkeit gelegt wird. Die Puppen- und Babykleidung oder Knautschbälle aus Stoff sind alle individuell und kein Produkt gleicht dem anderen. Seit Neustem gibt es auch schicke Stofftaschen mit gehäkelten Blütenverzierungen. Ein ganz besonderes Produkt entsteht gerade: Gemeinsam gefertigt wird eine Quiltdecke, die am Ende versteigert werden soll. Zwei Mal schon wurden die Produkte der Nähstube im Rathaus ausgestellt und gegen Spende abgegeben. Die Ausstellungen waren zusammen mit der Holzwerkstatt „Tutti Paletti“ organisiert worden. Dort treffen sich Jugendliche mehrerer Nationen und fertigen Möbel aus Holzpaletten. Zu den außergewöhnlichen Einrichtungsgegenständen passen die Kissen der Internationalen Nähstube natürlich gut.

Alle Produkte werden gegen Spenden abgegeben und die wiederum kommen anderen sozialen Projekten in der Stadt Bad Honnef wie Tafel, Sri-Lanka-Hilfe und Hauptsache Familie zugute.

Ab und zu wird in der Nähstube gefeiert, dann bringen die Frauen Kuchen und Gerichte aus ihren Heimatländern mit. Dann ruht die Näh- und Handarbeit. Das gemeinsame Tun und das Gespräch sind das Erfolgsgeheimnis der Internationalen Nähstube. Die Frauen mit Fluchtgeschichte finden soziale Kontakte und machen große Fortschritte in Richtung Integration. Sie sprechen gut Deutsch und leisten ihre Beiträge zur Gemeinschaft in der Internationalen Nähstube mit eigenen Ideen.

Selbstverständlich waren sie auch gemeinsam ins Siegburger Kreishaus gefahren, um „ihren“ Preis in Empfang zu nehmen Begleitet hatten sie Erster Beigeordneter der Stadt Bad Honnef Holger Heuser, Leiterin des Fachdienstes Soziales und Asyl Nadine Batzella und Mitarbeiter der Stadt Bad Honnef.

Als präventives Projekt in der zweiten Kategorie des Preises wurde die Initiative „Respekt! Zeit für Vielfalt, Zeit für Nachhaltigkeit“ der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg ausgezeichnet. In der Kategorie „Dialogfördernde Projekte“ waren es „Welcome Scouts“ der Gutenbergschule in Sankt Augustin, die einen Preis erhielten.

Vielfalt und Zusammenhalt stärken – der Integrationspreis des Rhein-Sieg-Kreises verschafft Anerkennung.

 

Die Anfänge der Internationalen Nähstube mit Brigitte Meyer auf der Heide

 “Alle haben hier was vor. Es ist immer ein Gewusel“, sagt Brigitte Meyer auf der Heide lachend, während sie durch den Näh-, Strick-, Häkel- und Bastelraum geht. Es brummt in der Internationalen Nähstube, die montagnachmittags in einem Klassenzimmer in der ehemaligen Konrad-Adenauer-Schule untergebracht ist. Meyer auf der Heide, Initiatorin des Projektes, begrüßt die Frauen. Sie gibt Auskunft, wo etwas zu finden ist oder was erledigt werden muss. Trotz der sich umgebenden Geschäftigkeit strahlt sie Ruhe aus.

Ohne die Mitstreiterinnen geht es natürlich nicht. Um die 22 Frauen mit und ohne Migrationshintergrund treffen sich und stellen begehrte Handarbeitsprodukte her.

Wie alles begann, erzählt Brigitte Meyer auf der Heide. Damals vor 2015 hatte sie  sich für die ebenfalls sehr aktive und erfolgreiche Sri Lanka Hilfe, einem Verein aus Bad Honnef, engagiert. Jeweils zum Jahresanfang 2014 und 2015 war Meyer auf der Heide nach Sri Lanka gereist, um dort jungen Mädchen und Frauen das Nähen beizubringen und sie zu stärken, damit sie selbstständiger werden. Nähen hat Meyer auf der Heide zwar nicht im Lehrberuf gelernt, allerdings immer ihre eigene Familie ausgestattet.

Ende 2015 kamen die Flüchtlinge nach Deutschland und auch nach Bad Honnef und Brigitte Meyer auf der Heide strich kurzerhand ihre neuerlich geplante Reise nach Sri Lanka. Ihr war klar, dass sie in Deutschland helfen wollte. Sie nahm Kontakt auf mit anderen Frauen und mit der Stadt Bad Honnef, um ihr Konzept für eine Nähstube vorzustellen. Ein ganzes Team von Frauen führte die Nähstube zum Erfolg.

Schon bald waren die Abstellflächen gefüllt mit gespendeten Utensilien, Stoffen, Garnen und Zubehör. Zum Glück gibt es den benachbarten Abstellraum, der zum Glück fast leer gewesen war. Ein Regal stiftet Bürgermeister Otto Neuhoff dafür und eines Meyer auf der Heide selbst. Heute ist in diesem Raum sehr viel untergebracht, wenn auch geordnet. Einen Geheimtipp gibt es noch: In der riesigen Knöpfe-Sammlung lässt sich bestimmt Ersatz für einen verlorenen Knopf finden.

Im Anfang war es schwieriger für die Frauen mit Flüchtlingshintergrund, die viel Trost benötigten, sich zurecht zu finden. „Es gab erschütternde Szenen“, sagt Meyer auf der Heide. „Manche gehen heute noch nicht an den Rhein, weil sie Angst vor Wasser haben.“ Aber die Frauen lernten gut Deutsch und ihre Integration macht Fortschritte auch Dank der sozialen Kontakte in der Internationalen Nähstube

Brigitte Meyer auf der Heide ist 88 Jahre alt, hat Enkel und einen Urenkel.

 

(CP)