5. Juni – Tag der Umwelt: Der Hagerhof, ein Refugium für Flora und Fauna Botanische Raritäten und große Vielfalt – Schloss Hagerhof zieht Resumé am Tag der Umwelt

Seit der ersten Weltumweltkonferenz 1972 in Stockholm begeht man auf der ganzen Erde jedes Jahr am 5. Juni den World Environment Day, also den Tag der Umwelt. Das Bundesumweltministerium ruft dazu in diesem Jahr unter dem Motto natur:verbunden jedermann zum Mitmachen auf. Eine gute Gelegenheit, den Hagerhof hinsichtlich dieses wichtigen Themas zu betrachten.

Natur und Umweltaktivitäten haben eine lange Tradition an unserer Schule. So wurde bereits in den 90er Jahren erste Amphibienschutzprojekte mit den Schülerinnen und Schülern durchgeführt. Auch die über zehn Jahre lang aktive Umwelt-AG und später der Ganztagsunterricht hat sich immer wieder in kleinen und großen Projekten mit der ökologischen Untersuchung und Aufwertung des Hagerhofgeländes befasst.

Aus diesem Zeitraum liegen die ersten unsystematischen Aufzeichnungen über die Tier- und Pflanzenwelt der Schule vor. Seither wurden die Bemühungen um die Erfassung und Dokumentation von Flora und Fauna durch Schüler*Innen und Lehrer intensiviert. So kam es z.B. durch das jährliche Amphibienprojekt der Klassen 7 zu einem ersten quantitativen Bestandsmonitoring der Frosch- und Krötenpopulation im Hagerhof-Weiher über mehrere Jahre.

Die wildlebende Flora und Fauna des Parkgeländes inklusive der zum Schloss gehörenden Wiesen wurde ebenfalls näher untersucht, so dass zur Zeit etwa 250 Tierarten nachgewiesen worden sind, darunter um die 100 verschiedene Insektenarten sowie fast 100 Vogelarten, die von unserm Schüler Caspar Jung in seinem Buch Von der Amsel bis zum Zilpzalp beschrieben wurden. Auch botanisch zeigt sich das Areal mit seinen zahlreichen ökologischen Nischen als äußerst artenreich: Um die 220 Wildpflanzen- und an die 60 Pilzarten wurden festgehalten. Dass der Bereich um den Menzenberg ein botanischer ‚Hotspot‘ darstellt, bekunden Untersuchungen der Universität Bonn aus den 90er Jahren sowie eine Studie zum Arteninventar der Region aus dem Jahre 2015, die zahlreich Raritäten in unserem Gebiet ausweist.

Die große Artenzahl ist der Vielfalt spezieller Teilbiotopen, wie z.B. alten Mauern, dem Weiher oder der Streuobstwiese zu verdanken. Hier lohnt es sich auch, über mögliche Maßnahmen nachzudenken, die Zahl der Nischen für die einheimische Lebewelt zu erhöhen bzw. die bestehenden Biotope attraktiver zu gestalten. Dies stellt einen idealen Ansatzpunkt dar, Nutzen für den Naturschutz mit praktischer Umweltbildung vor Ort zu verknüpfen.

Der südliche Randbereich der Parkwiese parallel zum Waldsaum ist in der regenreichen Zeit sehr feucht bis nass und wird daher seit einigen Jahren als einschürige Feuchtwiese weiter entwickelt. Es haben sich daraufhin einige charakteristische Arten wie Kuckuckslichtnelke oder Pfennigkraut eingefunden; auch handelt es sich insbesondere für unsere jungen Amphibien um ein interessantes Areal.

Die von Schüler*Innen angelegte Streuobstwiese wird nur noch zweimal im Jahr gemäht und zeigte bereits im ersten Jahr eine beachtliche Artenvielfalt. So konnten viele typische Arten einer frischen, nährstoff- und basenreichen Wiese wie Wiesenbocksbart oder Taumel-Kälberkropf nachgewiesen werden. Die Vielfalt wird durch eine graduelle Änderung der Bedingungen vom feuchten hinteren Randbereich zum trockenen Straßenbereich  (u. a. mit kriechendem Fingerkraut) erhöht.

Hinter der Sporthalle hat sich im Laufe weniger Jahre eine artenreiche Spontanvegetation eingestellt, die an die dort herrschenden trocken-warmen Bedingungen angepasst ist. Daher wurde dort auch eine Reptilienmauer und ein Nisthaufen für unsere Ringelnattern angelegt, bei denen bereits mehrfach Nachwuchs nachgewiesen wurde.

Im Bereich des Weiherablaufs liegt ein Stück Laubwald, welches von Buchen dominiert wird. Unter diesen finden wir im Frühling eine Reihe typischer Frühjahrsarten, so z.B. das Buschwindröschen, das Scharbockskraut  oder den recht seltenen gefingerten Lerchensporn. Auch dieses Areal eignet sich  hervorragend für den naturnahen Biologieunterricht.

Das stark frequentierte Parkgelände besteht aus einer großen Wiesenfläche, der einzelne Baumgruppen eingestreut sind. Die mächtigen Stämme zweier alter Eichen verrotten seit geraumer Zeit auf dem Gelände und dienen so Holz bewohnenden Insektenarten, z.B. dem Hirschkäfer, als Habitat. Unter den Bäumen finden sich auch einige bemerkenswerte Spezies, allen voran die breitblättrige Stendelwurz, eine geschützte Orchidee, die jedes Jahr zerstreut um das Schloss auftritt, oder der Wald-Gelbstern, eine relativ seltene Lilie, die in anderen Landesteilen bereits auf der Roten Liste vermerkt ist.

Als historisches Gebäude besitzt Schloss Hagerhof eine Reihe von Natursteinmauern aus verschiedenen Gesteinen. Je nach Besonnung hat sich auf der Mauerkrone, in den Fugen oder auch am Mauerfuß eine charakteristische Mauervegetation wie der Streifenfarn oder das Zymbelkraut eingefunden.  In Mauerspalten tritt der echte Weinbergslauch auf, der sicherlich ein Relikt aus der ‚Weinzeit‘ des Menzenbergs darstellt und unbedingt erhalten werden muss.

Nicht zuletzt besitzen wir als Kleinod einen ca. 2500 qm großen Weiher, in den zur Renaturierung vor einigen Jahren Moderlieschen eingesetzt worden sind, die sich gut vermehrt haben und als Nahrungsgrundlage vieler Arten dienen, allen voran für die seltene Ringelnatter, aber auch Graureiher und Eisvögel wissen das Angebot zu schätzen. Der größte Teil des Sees ist im Sommer mit  Teichmummeln bedeckt, einer geschützten und bedrohten Art. Eine reichhaltige Insektenfauna hat sich hier eingefunden, so z.B. auch die Blauflügel-Prachtlibelle, auch diese laut der Roten Liste in NRW gefährdet. Die Amphibien- und Reptilienfauna ist mit zur Zeit acht nachgewiesenen Arten sehr hoch – wobei weitere Entdeckungen nicht unwahrscheinlich sind – und dokumentiert die Wichtigkeit dieses Gewässers für die lokalen Populationen.

Diese für ein Schulgelände beeindruckende Biodiversität ist natürlich der besonderen Lage und Ausstattung des Schulgeländes geschuldet, sollte aber als Verpflichtung zu weiteren Anstrengungen zur Erkundung und Pflege des Artenreichtums verstanden werden. Die reichhaltige Ausstattung ermöglicht in idealer Weise die originäre Begegnung der Heranwachsenden mit konkreten Naturelementen und bietet die Chance auf echte Naturschutzarbeit sowie die Heranführung der Jugendlichen an einen nachhaltigen Umgang mit unseren natürlichen Ressourcen und einer respektvollen Akzeptanz des Rechts auf Leben und Entwicklung der uns umgebenden Lebewelt.

Bei allen Bestrebungen zum Schutz der Natur muss man sich jedoch stets vor Augen halten, dass der größte Teil des Geländes dem Schulbetrieb und den Sport- und Pausenaktivitäten der Jugendlichen dient. Dieses ausgelassene Toben und Spielen in freier Natur, welches ausdrücklich gewollt und gefördert wird und selbst ein Teil der Naturerfahrung darstellt, kann natürlicherweise in Konflikt geraten mit Zielen des Naturschutzes, z.B. bei Störung von Brutgeschäften, sollte aber in einem konstruktiven Dialog mit den Jugendlichen aktiv angegangen werden.

Die im Rahmen von Unterrichtsprojekten gemachten Naturerfahrungen helfen dabei, die Jugendlichen für die Belange des Naturschutzes zu sensibilisieren. Es wächst in den Jugendlichen die Erkenntnis, dass Umweltschutz ‚vor der Haustür‘ anfangen muss und sich ein lokales Engagement lohnt. Auch die Akzeptanz, dass die globale Entwicklung mit den bekannten Problemen künftige unattraktive Maßnahmen nötig machen könnte, wird dadurch gefördert und erhöht die Chancen auf eine demokratische Durchsetzbarkeit.

Daher ist es wichtig, alle Schülerinnen und Schülern mit dieser konkreten Art von Nachhaltigkeitsbildung zu erreichen.

Abbildungen (alle von Dr. Dirk Krämer, Ausnahme Ringelnatter: Matthias Sieber):

Die Kuckuckslichtnelke findet man auf dem feuchten Wiesensaum im Park.
Bereits mehrfach hatten unsere Ringelnattern Nachwuchs (Foto: Matthias Sieber)
Das Buschwindröschen verzaubert mit zahlreichen Blütenkelchen unseren Frühlingswald.
Larven des mächtigen Hirschkäfers sind auf alte Eichenstämme angewiesen.
Die breitblättrige Stendelwurz im Park ist als einheimische Orchidee streng geschützt.
Der Fischreiher ist regelmäßiger Gast am Hagerhof-Weiher
Die geschützte Teichmummel überwuchert im Sommer unseren Weiher.
Ein besonderes Kleinod am Teich ist die seltene Blauflügel-Prachtlibelle.

 

(dk)

05.06.2020