50 Jahre Versorgungssicherheit und Trinkwasser in Spitzenqualität


Im Volksmund „Pipeline“ genannte Leitung versorgt den Stadtbezirk Aegidienberg mit Wasser aus dem Lohfeld. Dem Bau vorausgegangen war ein dramatischer Wassermangel auf dem Berg

Hahn auf, Wasser marsch – so einfach war das vor 50 Jahren im heutigen Stadtbezirk Aegidienberg nicht immer. Entsprechend groß müssen die Freude und die Erleichterung gewesen sein, als am 12. Juni 1972 die Trinkwasserleitung vom Tal zum Berg fertiggestellt und einige Tage später eingeweiht wurde: es gab einen kleinen Festakt mit Stadtrat, Verwaltung, Kurdirektion und Firmen. Der damalige Bürgermeister Franz Josef Kayser „veredelte“ die neue Leitung abschließend über einen geöffneten Verschluss mit einem kräftigen Schluck Schnaps. Jetzt feiert die damals im Volksmund „Pipeline“ genannte Trinkwasserleitung ihren 50. Geburtstag und ist weiterhin unverzichtbar für die Trinkwasserversorgung des Stadtbezirks.

Rückblick: Dürre und Wassermangel auf dem Berg
Um die Bedeutung der Leitung zu verstehen, bedarf es eines Blickes in die Vorgeschichte: zum Beginn des 20. Jahrhunderts hatten mehrere Ortschaften rund um Aegidienberg begonnen, eigene Wasserleitungsgesellschaften zu gründen. Kleinste Quellen wurden gefasst und gemeinsam mit vorhandenen und oft privaten Brunnen an Leitungen angeschlossen, die üblicherweise in Eigenleistung verlegt wurden. Allein in Aegidienberg gab es sieben derartiger Gesellschaften, die Mitte der 1960er Jahre zu einer „Gruppenwasserversorgung der Gemeinde Aegidienberg“ zusammengeführt wurden, wie die Chronisten des Bürgervereins Aegidienberg in ihrem Buch zur Heimatgeschichte zusammengetragen haben. Nachdem ein Rutengänger im Jahr 1960 südwestlich des Himberger Sees eine Wasserader vermutete und dort tatsächlich in 108 Metern Tiefe Wasser gefunden wurde, errichtete man in der Nähe der Quelle einen Hochbehälter und in den Folgejahren insgesamt 43 Kilometer neue Trinkwasserleitungen in der Gemeinde. Die Freude über die neue Versorgungsstruktur währte nur kurz: immer wieder kam es zu Wassermangel, erinnert sich Erich Dieter Walkenhorst, der damals als einer von zwei Direktoren der Bad Honnef AG den Bau der Wasserleitung begleitete: „Es kam zu Trockenheiten mit hohem Wasserverbrauch und es gelang mit den vorhandenen Bohrungen und Quellen nicht, den Bedarf zu decken.“ Bereits im Jahr 1966, als der damals neugebaute Tiefbrunnen in Rottbitze noch nicht ans Pumpenhaus und das Leitungsnetz angeschlossen war, hatte die Feuerwehr vier Tage mit einer Notleitung und einer Pumpe aushelfen müssen.
Zu Pfingsten 1971, also vor 51 Jahren, kam das damals wie heute Undenkbare: Brunnen und Quellen lieferten nach langer Dürre viel zu wenig Wasser, der Hochbehälter war leer und, so erinnert sich Erich Dieter Walkenhorst genau, „es kam kein Tropfen Wasser mehr aus der Leitung. Die Leute waren natürlich aufgebracht.“ Tanklöschfahrzeuge der Feuerwehr lieferten Brauchwasser zu den Haushalten, der Katastrophenschutz montierte am Himberger See eine mobile Trinkwasseraufbereitungsanlage, konnte damit aber nicht einmal ein Viertel des Normalverbrauchs decken, so Walkenhorst. Per Notleitung zwischen Wülscheid und Königswinter-Gratzfeld wurde binnen weniger Tage eine provisorische Wasserversorgung sichergestellt und schnell entschieden, dass es eine krisenfeste und sichere Wasserversorgung durch BHAG aus dem Tal geben sollte:

Neubau der „Pipeline“

Nach heutigen Maßstäben erfolgte der Bau der Trinkwasserleitung vom Wasserwerk im Lohfeld nach Aegidienberg in Rekordzeit: im April 1972 wurden die Leitungen vom Lohfeld zum gut einen Kilometer entfernten Hochbehälter am Menzenberg verlegt und dort eine Druckerhöhungsanlage errichtet. Hochleistungspumpen drücken das Trinkwasser mit 25 bar den Berg hinauf. Die Leitung führt bis heute vom Menzenberg zum knapp 6,2 Kilometer entfernten Himberg in einen Hochbehälter. „Der hohe Druck ist etwas Besonderes und aufgrund des großen Höhenunterschieds vom Tal zum Berg notwendig“, erklärt Torsten Brix, Teamleiter Wasserwerk der BHAG: „Das Wasser wird in den Hochbehälter gepumpt. Dabei kommt nur das Wasser im Hochbehälter an, das nicht gerade von Kunden abgenommen wird. Der Hochbehälter dient also als Puffer, wenn mehr Trinkwasser abgenommen würde als gepumpt werden kann.“
1978 wurde der bereits vorhandene und rund 500 Kubikmeter fassende Hochbehälter Himberg um 440 Kubikmeter auf 940 Kubikmeter vergrößert. Speziell für Rottbitze wurde 2009 ein weiterer Hochbehälter mit 350 Kubikmetern Fassungsvermögen am Asberg errichtet.

Versorgt wird der Hochbehälter in Himberg bis heute von der damals oft „Pipeline“ genannten Trinkwasserleitung aus dem Jahr 1972, erklärt Torsten Brix: „2008 wurde eine zweite Transportleitung nach Aegidienberg gebaut, allerdings über eine andere Trasse.“

Lange Trockenperioden lassen Wasserbedarf wieder steigen – BHAG hat vorgesorgt

Während der Himberger Brunnen seit den 1990er Jahren stillgelegt wurde, ist der 108 Meter tiefe Brunnen in Rottbitze heute immer noch in Betrieb und wurde 2015 saniert. Die BHAG ist froh über den Brunnen mit dem Wasserwerk Rottbitze, da dieser gerade bei langanhaltenden Trockenperioden, die in den vergangenen Jahren spürbar zugenommen haben, die Leitung von Bad Honnef nach Himberg entlastet. Und das spüre man auch am Wasserverbrauch, den die BHAG mit einer modernen Leitwarte in Echtzeit im Blick behält, erklärt Torsten Brix, Teamleiter Wasserwerk der BHAG: „Zwischen 2003 und 2014 ging der jährliche Trinkwasserverbrauch immer weiter zurück, seit 2015 steigt der jährliche Trinkwasserverbrauch wieder an. Was zu erkennen ist, dass durch die Temperaturschwankungen sich der Jahresverbrauch nicht stark ändert, aber die täglichen Fördermengen, aber auch die stündlichen Fördermengen schwanken stark.“ Bei langen Trockenperioden und langanhaltender Hitze steige der Verbrauch von Tag zu Tag spürbar an, hat Brix in den vergangenen Jahren beobachtet: „Das ist darauf zurückzuführen, dass bei Hitze mehr geduscht wird, dass die Gärten gewässert werden und dass es auch viele private Pools gibt.“

Einen akuten Wassermangel, wie er 1971 mit trockenen Wasserleitungen zu spüren war, müssen die Aegidienberger aber nicht mehr fürchten, betont Kersten Kerl, Vorstand der BHAG: „Die Kapazitäten der Leitungen und des Hochbehälters sind auch in den letzten, verbrauchsstarken Trockenperioden nicht annährend erschöpft worden. Wir haben in der Bemessung einen großen Puffer, um auch unvorhergesehene große Entnahmen durch einen Leitungsschaden an empfindlicher Stelle oder einen Großeinsatz der Feuerwehr kompensieren zu können.“ Zudem sind heute nahezu alle lokalen Trinkwassernetze mit Notverbindungen zu anderen Netzen ausgestattet, erklärt Kersten Kerl: „Das gilt auch für das Trinkwassernetz der BHAG, die in einem Versorgungsverbund Leitungen zum Kreiswasserwerk Neuwied und zum Wasserbeschaffungsverband Thomasberg unterhält, die wiederum an Nachbarnetze angeschlossen sind. Über diesen Weg sichern sich Wasserversorger gegenseitig ab, um für unvorhergesehene Fälle und Wasserkrisen gewappnet zu sein.“

Quelle: BHAG (dp)

07.06.2022