Nachhaltigkeitswoche — Wolkenburg-Kinder haben keine Angst vor der Vogelspinne

Nachhaltigkeitswoche 2023 Foto©Kinderhaus Wolkenburg - (2b)

Ungewöhnlicher Vormittag im integrativen Montessori-Kinderhaus Wolkenburg in Bad Honnef: Die meisten Kinder sehen zum ersten Mal Kakerlaken, eine Vogelspinne, ein Chamäleon und eine meterlange Schlangenhaut. Angst, großen Respekt und auch ein bisschen Ekel fühlen die Kinder am Anfang von Patrick Meyers Besuch. Er ist Betreiber einer der wenigen deutschen Reptilien-Auffangstationen aus Polch (Kreis Mayen-Koblenz) und ist heute zu Gast im Kinderhaus. Meyer kennt diese Reaktionen nur allzu gut, wenn er seine Lieblingstiere in Kindergärten und Schulen präsentiert.

Für die zwei- bis sechsjährigen Kinder ist es in den kommenden 45 Minuten eine Achterbahn der Gefühle. Zunächst klammern sich die Kleinen fest an ihre Eltern und Erzieher*innen, als Patrick Meyer ankündigt, jedem Kind die Möglichkeit zu geben, die Reptilien auch einmal streicheln zu dürfen. Die Kinder zieht der Tierexperte in seinen Bann, als er anfangs über seine Schlange, eine Boa Constrictor, spricht. Diese habe aktuell sehr schlechte Laune und wollte nicht mit nach Bad Honnef fahren, da sie sich vor einigen Tagen mehr als satt gefressen habe.

 

Imposant lange Schlangenhaut – länger als jeder Mensch

Dafür aber hat Meyer die Haut der Schlange dabei: ein hell-brauner Schlauch, mehr als zwei Meter lang, größer als jeder Mensch. „Es ist so ein bisschen wie, wenn wir Menschen uns einen Pullover ausziehen., so häutet sich die Schlange auch. Dafür reiben sie ihren Mund beispielsweise an der Rinde eines Baumes, und schließlich platzt die Haut am Mund auf und die Schlange verliert die Haut später in Gänze“, erklärt Meyer.

Warum er Hunderte von Reptilien bei sich zuhause beherbergt? Es komme häufig vor, dass Menschen überfordert sind mit diesen Tieren, selbst pflegebedürftig werden oder leider versterben. Er liebe Reptilien über alles und könne nicht anders als die Tiere bei sich zu übernehmen. Aber für diese Tiere brauche es auch sehr viel Platz. Ein Eimer reiche für beispielsweise einen Leguan sicher nicht aus, wie ein Wolkenburg-Kind zuerst glaubt. Ein Terrarium inklusive eines großen Wasserbeckens hat Meyer dem Leguan gebaut, an den Wänden seines „Zimmers“ sind Dschungelmotive, Wasserfälle und Krokodile zu sehen, erzählt er. Und auch ausreichend Futter muss Meyer vorhalten. Leguane fressen bevorzugt Gemüse und Obst.

 

Vogelspinne streicheln? Kinder nutzen einmalige Gelegenheit

Die Kindergartenkinder hören Meyer gespannt zu, stellen ihm viele Fragen und gehen jetzt auf Tuchfühlung zu den Tieren: Während sie lebendige Kakerlaken aus Argentinien in einer transparenten Dose krabbelnd beobachten dürfen, passt anschließend kein Blatt mehr zwischen den Kindern und einer Vogelspinne. Der absolute Höhepunkt des Tages. Zunächst sind die Kinder sehr zurückhaltend, als sie die Spinne an den Beinen streicheln können. Das Hinterteil ist hingegen strikt verboten! „Sonst jucken eure Hände bis heute Abend, als ob ihr Juckpulver auf die Haut bekommen hättet“, warnt Meyer.

Doch drei Jungs wagen sich zur Vogelspinne vor, ziehen ihre Finger zuerst blitzschnell aus Furcht wieder zurück und genießen dann schließlich doch noch dieses warme, flauschige Fell der Spinne. Geschafft! Stolz und Freude überwiegt, ihre Grenzen für einen kurzen Augenblick überschritten zu haben. Und Meyer motiviert auch die anderen Kinder und Erzieher*innen, sich diesen Moment nicht entgehen zu lassen. „Wer weiß, ob ihr noch einmal solche eine Chance erhaltet?“, stellt der Tierliebhaber den noch zweifelnden Kindern die berechtigte Frage. Und: „Meine Erfahrung ist: Die im Alltag jüngeren und vielleicht etwas schwächeren Kinder sind viel mutiger als die sonst so Starken, wenn es darum geht, meine Tiere zu streicheln.“ Einige Kinder hat er damit überzeugt und sie trauen sich auch an die Spinne. Später auch an ein Chamäleon.

Mutige Kinder werden belohnt

Ein großartiges Ereignis für Kinder. Angst ist der Faszination und Neugierde gegenüber den bislang unbekannten Wesen gewichen. Die Kinder haben zum einen viel gelernt über Spinnen, Insekten und Reptilien und verstehen, dass sie immer sehr vorsichtig und respektvoll mit Tieren umgehen müssen. Wenn sie dies beherzigen, passiert ihnen nichts. Kein Stich, kein Biss, nur Freude. Zum anderen haben sie aber auch in dieser kurzen Zeit viel über sich selbst gelernt: Mut öffnet Grenzen.

Hintergrund Nachhaltigkeitswoche in der Wolkenburg

Der Besuch Patrick Meyers in der Wolkenburg fand im Rahmen einer Woche zum Thema Nachhaltigkeit statt. In dieser erlebnisreichen Zeit haben die Kinder Erfahrungen gesammelt beim Pflanzen von Obst, Blumen und Gemüse, beim Erkunden und Erleben des Waldes mit allen Sinnen und Aufsammeln von Müll, beim Sammeln von Naturmaterialien und Basteln von Waldgeistern. Außerdem haben sie den Umgang mit Hunden kennengelernt und sind mit der Hündin Nala spazieren gegangen.

 

Quelle: Kita „Die Wolkenburg“ in Bad Honnef (cg)

01.05.2023