Haushaltsrede von Katja Kramer-Dißmann, Fraktionsvorsitzende Bürger Block, gehalten am 21.3.2024 aus Anlass der Haushaltsdebatte im Rat von Bad Honnef.


Sehr geehrter Herr Bürgermeister, lieber Otto,

liebe Anwesende,

 

Wie ist die Ausgangssituation?

Die Ausgangssituation der städtischen Finanzen lässt sich aus Sicht des BB mit der Kennziffer „Schuldenstand“ sehr gut beschreiben, weil das die einzige finanzielle Größe ist, in der alle Aktivitäten einfließen: nach derzeitiger HH-Planung, also vor den Maßnahmen, die heute beschlossen werden sollen, wird sich der Schuldenstand von Bad Honnef im Jahr 2023 in Höhe von rund 70 Mio. Euro auf rund 130 Mio. Euro Ende 2027 entwickeln. Das entspricht einem Schuldenzuwachs von 60 Mio. Euro oder 86% in 4 Jahren. Wir nehmen jedes Jahr 15 Mio. Euro neue Schulden auf!

Die pro-Kopf-Verschuldung steigt auf sage und schreibe 5.200 Euro. Damit liegen wir nach der Klassifizierung des Bundes der Steuerzahler in der zweit-schlechtesten Kategorie in NRW!

Daher bewerten wir die Perspektive für die städtischen Finanzen als katastrophal & beängstigend & schlimm & besorgniserregend & miserabel & weitere Adjektive sind mir nicht eingefallen. Die zukünftige Handlungsfähigkeit der Verwaltung ist stark eingeschränkt.

Wie ist dazu gekommen?

Einerseits können wir uns bei den Politikern aller etablierten Parteien in Berlin und Düsseldorf bedanken, die durch ihre Gesetzgebung die kommunalen Finanzen strangulieren. Neben den zahlreichen aufgezwungenen Bürokratiemonstern, die mit Zusatzpersonal, Sachkosten und Investitionen befriedigt werden müssen, ist besonders zu nennen das Wachstumschancengesetz. Dieses Gesetz beschert den Kommunen jährlich rund 1,8 Mrd. Euro Mindereinnahmen. Für Bad Honnef sind das nach Angaben der Verwaltung rund 850 Tsd. Euro pro Jahr! Um allein das auszugleichen, ist eine Grundsteuerhöhung von 85 Punkten erforderlich.

Damit werden die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker im Regen stehen gelassen – das Konnexitätsprinzip wird von Berlin und Düsseldorf ignoriert. Für einen großen Teil der unvermeidbaren Steuer- und Abgabenerhöhungen, können sich die Menschen von Bad Honnef dort bedanken.

Eine weitere Ursache für die miserable Finanzsituation ist hausgemacht. Die Verwaltung plant immer mit Sicherheitsreserven (wie übrigens jede Verwaltung, das soll kein Vorwurf an diese Verwaltung sein). Grundsätzliche Ausgabenstrukturen von nicht pflichtigen Aufgaben werden nicht ernsthaft in Frage gestellt.

Was ist zu tun?

Wenn man zugehört hat, was die Vorredner von CDU, Grünen und SPD tun möchten, stellt sich der BB eine Reihe von Fragen:

  • Warum erhöhen Sie die Steuern in einem Rutsch im Jahr 2024 und berauben sich der Flexibilität im Jahr 2025 auf dann bekannte Sachverhalte zu reagieren?
  • Warum erhöhen sie nur die Einnahmen und schlagen keine nennenswerten Ausgabenreduzierungen vor?
  • Warum unterziehen sie die Investitionen nicht einer Priorisierung oder stoppen derzeit nicht finanzierbare Investitionen wie die KASCH bzw. suchen hier alternative Lösungen anstatt es einfach durchzuziehen?
  • Warum wird die Verschuldung nicht thematisiert und der Tatbestand nicht dargestellt, dass sowohl das Defizit der laufenden Verwaltung UND die Tilgung der Investitionskredite mit Dispokrediten finanziert werden?

Sie merken an diesen Fragestellungen, dass der BB hier ein anderes Angebot unterbreiten möchte.

Es kann doch nicht angehen, dass die Verwaltung kein weiteres, signifikantes Sparpotenzial im eigenen Hause identifizieren kann aber es den Menschen dieser Stadt aufbürdet selbst den Gürtel enger zu schnallen.

Wir haben eine andere Herangehensweise, um aus dem Haushaltsdefizit herauszukommen:

  • Unsere Orientierung bzw. unser Gradmesser ist die Verschuldung. Wir fragen uns, was wir uns vor dem Hintergrund der enormen Verschuldung überhaupt noch leisten können.
  • Aber die Verschuldung hat noch eine ganz andere, viel weitreichendere gesellschaftliche Dimension – nämlich die Generationengerechtigkeit.

Der ehemalige und von mir verehrte Bundespräsident Roman Herzog hat folgendes Zitat geäußert:

„Ich fürchte, wir sehen gerade die Vorboten einer Rentnerdemokratie: Die Älteren werden immer mehr, und alle Parteien nehmen überproportional Rücksicht auf sie. … Das könnte am Ende in die Richtung gehen, dass die Älteren die Jüngeren ausplündern.“ (Roman Herzog, 2008).

  • Die Kunst und unsere Verantwortung besteht darin auf der einen Seite von der hohen Verschuldung herunterzukommen mit der Fragestellung: „Können wir uns das leisten? Und auf der anderen Seite die uns zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel mit Augenmaß auszugeben und eine andere Ausgabenmentalität zu implementieren. Vorgänger von mir hatten die Methapern „das Ende der Fahnenstange ist erreicht“ oder „wir bestellen Kaviar und können uns nur Flönz leisten“.
  • Jetzt aber ernsthaft. Wir halten folgende Vorgehensweise für geboten:
  • Die Steuern möchten wir flexibel in Stufen erhöhen und nur insoweit es unumgänglich Auch wollen wir den Bürgern reinen Wein einschenken: Auch im Wahljahr 2025 würden wir die Steuern erhöhen, falls erforderlich. Für 2024 schlagen wir vor zu beschließen: 20 Punkte für Grundsteuer B und 10 Punkte bei der Gewerbesteuer. Für 2025 schlagen wir vor nur in die Planung aufzunehmen ohne Beschluss: weitere 50 Punkte bei der Grundsteuer B und weitere 10 Punkte bei der Gewerbesteuer.
  • Da wir weniger Steuererhöhungen den Bürgern und Unternehmen zumuten wollen als die etablierten Parteien, müssen die Ausgaben reduziert werden. Die freiwilligen Leistungen betragen insgesamt 4,4 Mio. Euro. Hier sehen wir rund 300 Tsd. Euro Einsparpotenzial über alle Bereiche.
  • Bei den sonstigen nicht pflichtigen Ausgaben schlagen wir eine Top-Down-Planung Dies erfordert einen Paradigmenwechsel der Verwaltung bei der Planung von Ausgaben. Die Fragestellung „Wieviel Finanzmittel benötigen Sie für Ihre Aufgaben?“ müsste dann lauten „Bei einem vorgegebenen Finanzmittelbudget, was können Sie dann noch leisten und was können Sie nicht mehr leisten?“. Auf einige der liebgewonnenen Leistungen, müssten die Bürger und Unternehmen dann verzichten. Die Notwendigkeit dieser Sparmaßnahmen muss mit einer proaktiven Kommunikation an Bürger und Unternehmen begleitet werden. Restkritik muss man aushalten. Dieser Weg geht nicht von heute auf morgen, das ist sicher ein Prozess von mehreren Jahren, aber wir müssen jetzt besser schon gestern damit anfangen.
  • Bei den Investitionen sehen wir vor allem den Ausbau der KASch mit insgesamt 6,7 Mio Euro als extrem kritisch an. Das Projekt muss komplett auf den Prüfstand. Die Sanierung des Rathauses in Höhe von insgesamt 9,7 Mio. Euro muss sinnvoll nach unten korrigiert werden. Die dort getätigten Einsparungen benötigen wir mehr als dringend für notwendige Bildungseinrichtungen wie die Investition in das Siebengebirgsgymnasium.

Was ist unser Resümee?

Dem Vernehmen nach gibt es im Rat eine „Schulden- und Steuererhöhungskoalition“, die mit Mehrheit ausgestattet ist und offensichtlich eine Steuererhöhung dem Wähler im Wahljahr 2025 nicht zumuten möchte. Stattdessen wird in diesem Jahr ein voller Schluck aus der Pulle genommen verbunden mit der Hoffnung, dass der Wähler das im Herbst 2025 wieder vergessen hat.

Der BB hat in den Vorgesprächen mit den Fraktionen und der Verwaltung ausgelotet, ob man einen gemeinsamen Weg zur Generationengerechtigkeit gehen kann zur signifikanten Reduktion der Ausgaben und der Investitionen.  Das ist nicht der Fall. Die Mehrheit der Parteien, die dem Haushalt in der Form wohl zustimmen wird, fährt auf Sicht, rettet sich von Jahr zu Jahr sieht den Abgrund aber hat sich entschieden auf der Schussfahrt nicht zu wenden. Wir können und wollen das in der Form nicht mittragen, zumal es generationengerechte Lösungswege gegeben hätte, wie gerade ausgeführt.

Vor diesem Hintergrund haben wir keinen Antrag eingebracht, über den man heute abstimmen müsste – da er nicht mehrheitsfähig ist. Wir werden aber für unsere Ideen der Generationsgerechtigkeit weiterkämpfen und lehnen den Haushalt aus den dargelegten Gründen ab.

Beenden möchte ich die Haushaltsrede zum einen mit dem Dank an die Verwaltung insbesondere Martin Gautsch und sein Team für die präzise Arbeit und mit einem Zitat des amerikanischen Pfarrers, Autors und Freimaurers Norman Vincent Peale „Es ist immer zu früh, um aufzugeben“.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Quelle:  Bürger Block Bad Honnef  (ck)

21.3.2024


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