«Wir können nur unsere Hausaufgaben machen» – Klaus Beydemüller im Offseason Interview

Daniel Stein mit Klaus Beydemüller

Im großen Fachgespräch gibt Klaus Beydemüller, 1. Vorsitzender der Dragons Rhöndorf, einen Einblick auf das aktuelle Geschehen rund die Drachen vom Menzenberg und wagt einen Ausblick auf die nicht gerade einfachen Planungen für die Saison 2020/21.

 

Klaus, das Corona-Virus hat die Saison 2019/20 vorzeitig beendet. Wie blickst du mit einigen Tagen Abstand auf die nun vergangene Spielzeit unserer 1. Herren in der 1. Regionalliga West zurück?

 Klaus Beydemüller: Angesichts der Corona-Pandemie gerät das Thema Basketball logischerweise in den Hintergrund. Die Auswirkungen sind derzeit noch nicht abzusehen und werden uns nachhaltig einiges abfordern. Da ist das abrupte Ende der Saison bestimmt ein vergleichsweise leicht zu verschmerzendes Übel. Soviel kann ich aber sagen: Aus meiner Sicht ist das Team, gemessen an der individuellen Stärke unter seinen Möglichkeiten geblieben. Natürlich haben wir erfrischend offensiven Basketball gesehen, der uns alle phasenweise begeistert hat, aber mit einigen Wochen Abstand bleibt das Gefühl, dass mehr möglich gewesen wäre, auch wenn Verletzungen die Entwicklung des Teams immer wieder ausgebremst haben. Trotzdem hätte ich die Mannschaft gerne in den Playoffs erlebt, um den Jungs in der an sich schönsten Basketball Zeit des Jahres die Chance zu geben zu beweisen, dass sie es besser machen können. Vielleicht hätten gerade die Playoffs nochmal einen Push gegeben, den wir vor allem aufgrund der absolut ausbaufähigen Leistungen in den letzten Saison-Wochen gebraucht hätten. Mein Fazit fällt also durchwachsen aus. Rückblickend geht der Aufstieg der RheinStars Köln, wenn man den gesamten Saisonverlauf betrachtet, absolut in Ordnung. An dieser Stelle ein Kompliment an die Adresse von JJ. Strasser und seinen Jungs.

 

Sportlich verlief die Saison ja durchaus holprig mit einigen Nebengeräuschen abseits des Feldes in Form von Trainer- und Spieler-Wechseln. Was sind für dich die positiven und negativen Lehren, die es zu ziehen gilt?

 Ein ruhiger Saisonverlauf sieht in der Tat anders aus. Die verschiedenen personellen Wechsel haben sicherlich für eine gewisse Unruhe im Umfeld gesorgt, nicht zuletzt aber auch dem Vorstandsteam Zeit, sowie Energie abverlangt. So unpopulär die Entscheidungen bei den Fans angekommen sein mögen, im Sinne des Vereins und im Hinblick auf die gesetzten Ziele waren sie notwendig. Das A und O eines funktionierenden Systems sind klare Strukturen, in personeller, konzeptioneller wie finanzieller Hinsicht. Hier haben wir in den letzten Monaten die Weichen gestellt. Jetzt gilt es die Einzelkonzepte mit Leben zu füllen und daraus ein Gesamtpaket zu schnüren. Ziel ist es, verlorenen Kredit bei Fans, Helfern und Sponsoren zurückzugewinnen. Verbindlichkeit in allen Gewerken ist dabei ein zentrales Thema. Ohne ein motiviertes Team hinter dem Team ist das natürlich nicht zu stemmen. Ebenso wichtig ist die Reaktivierung des Ehrenamts. Es wird also noch eine Menge Wasser den Rhein hinunterfließen, bis wir da angekommen sind, wo wir hinwollen – aber ein Schritt nach dem anderen …

 

Das Corona-Virus hat die Sportwelt bis ins Mark erschüttert und weltweit nahezu jeden Sport zum Erliegen gebracht. Vielerorts werden massive Einschnitte befürchtet und Sportart-übergreifend warnen Experten vor den Folgen der Krise in Form von Insolvenzen von Vereinen und Clubs. Wie gut sind die Dragons für die kommenden Wochen und Monate gerüstet?

 Die volkswirtschaftlichen Prognosen sehen düster aus und betreffen logischerweise auch den generellen Sport. Es ist davon auszugehen, dass es für viele leistungsorientierte Vereine – besonders all jene, die von vielen kleineren Sponsoren abhängig sind – zu einem Kampf um die Existenz kommen kann. Mit seriösen Aussagen, mit welchen finanziellen Einbußen die Dragons im Zuge der Corona-Krise rechnen müssen, kann verständlicherweise niemand aufwarten. Unabhängig davon können wir nur unsere Hausaufgaben machen, also sämtliche Kostenstellen gründlich prüfen und priorisieren und wo es geht den Gürtel enger schnallen. Noch sind die veranschlagten Ausgaben und die voraussichtlichen Einnahmen nicht deckungsgleich, was allerdings keinen Anlass zur Panik darstellt. Gemessen am frühen Planungsstadium ist die Diskrepanz nicht ungewöhnlich, da in den kommenden Wochen noch viele Sponsoren-Gespräche auf unserer Agenda stehen.. Klar ist, dass bei der Verwirklichung unserer Zukunftspläne, neben klassischem Sponsoring, alternative Förderkonzepte eine wichtige Rolle spielen. Daran arbeiten wir derzeit mit Nachdruck. Die Dragons sind aber insgesamt in der Spur, von Endzeitstimmung ist bei uns nichts zu spüren.

 

Sportliche Planungen sind aktuell nahezu unmöglich, müssen aber trotzdem gemacht werden. Welche Szenarien für die sportliche Zukunft der 1. Mannschaft werden bei den Dragons aktuell durchgespielt?

 Die Situation in Basketball-Deutschland ist derzeit schon ziemlich undurchsichtig. Besonders die Frage hinsichtlich Auf- und Abstiegs ist in verschiedenen Ligen noch nicht abschließend beantwortet. Die Verantwortlichen ringen um gangbare Lösungen und sind nicht zu beneiden. Ungeachtet dessen planen die Dragons faktisch für die Teilnahme an der ersten Regionalliga. Gleichzeitig werden wir aber auch die Lizenzierungs-Unterlagen für die ProB abgegeben, um einerseits für alle Eventualitäten gewappnet zu sein, aber auch um unsere wirtschaftliche und sportliche Arbeit durch den Lizenzierungs-Ausschuss bestätigen zu lassen. Ob sich die Chance für ein Nachrücken in die ProB ergibt wird man sehen, aber wir würden uns auf gesetzt dem Fall intensiv damit auseinandersetzen.

 

Mit Nathalie Lütz können die Dragons ein neues, aber doch auch bekanntes Gesicht in ihren Reihen begrüßen, die vor Kurzem die Leitung der Geschäftsstelle übernommen hat. Welchen Input kann sie den Drachen für die Zukunft geben?

 Wir versprechen uns von Nathalie Lütz vor allem gesteigerte Stabilität und Struktur im Office. Gerade im organisatorischen Bereich hat es bei uns zuletzt immer wieder geklemmt. Darüber hinaus soll sich Nathalie sukzessive in die Finanzen einarbeiten und im Sponsoring unterstützend tätig werden. Nicht zuletzt gehen wir davon aus, dass sie in Zukunft gezielt Projekte entwickelt und eigenverantwortlich vorantreibt. Aktuell noch fehlende spezifische Fachkenntnisse im Basketball betrachten wir dabei als Vorteil. Bedeutet es doch eine andere Perspektive und Herangehensweise, losgelöst von eingefahrenen Strukturen, was uns nur guttun kann. Abgesehen davon, als langjährige Leiterin des Dragons-Dance-Teams ist der Verein eine bekannte Größe für sie. Mit der gebotenen Unterstützung wird sich Nathalie schnell akklimatisieren und für frischen Wind sorgen, davon bin ich überzeugt.

 

Abseits der 1. Mannschaft gibt es viele Bereiche innerhalb des Vereins, in denen sich die Dragons konzeptionell anders und besser aufstellen wollen. Welche Ziele kannst du uns bereits benennen?

 Kinder sind das wertvollste Zukunftskapital, das wir haben, darum steht Jugendförderung für uns an erster Stelle. Dementsprechend investieren wir zukünftig deutlich mehr in den Trainerstab. Jede Altersgruppe, bei den Kleinsten angefangen bis zu den älteren Junioren, sollen qualifizierte Übungsleiter erhalten. Auf der Agenda steht außerdem Traineraus- und Fortbildung. Alles zielt darauf ab, mittelfristig mit Talenten aus der Region möglichst hochklassig wettbewerbsfähig zu sein. Natürlich sind unsere Kooperationspartner, die Telekom Baskets Bonn, die BG Bonn, sowie das Schloss Hagerhof, bei den Plänen wichtige Eckpfeiler. Darüber hinaus haben wir aber auch den Breitensport im Blick, denn Spitzensport ist ohne einen gesunden Verein als Unterbau nicht denkbar.

 

Besonders die Hager Grundschulliga hat sich zu einem absoluten Erfolgs-Modell entwickelt. Welche Pläne gibt es für zukünftige Erweiterung und Verbesserung?

 In Bad Honnef und dem näheren Umland sind die Dragons inzwischen an sämtlichen Grundschulen mit AGs vertreten, hinzugekommen ist vor Kurzem Oberpleis. Geplant ist, das Netzwerk über die Landesgrenze hinaus zu erweitern. Neben Rheinbreitbach und Erpel, die schon dabei sind, ist in einem der nächsten Schritte Linz als weiterer Standort anvisiert. An dieser Stelle gebührt Yassin ein Sonderlob, der nicht nur viele AGs selbst leitet, sondern mit der Strahlkraft des Ex-Nationalspielers die Kinder wie ein Magnet anzieht. Allerdings braucht er dringend Entlastung, daher wird in Kürze ein verantwortlicher Projektleiter benannt. Insgesamt birgt das Projekt großes Potenzial, die Anzahl der AGs könnte innerhalb kurzer Zeit verdoppelt werden. Natürlich will das Engagement erstmal finanziert sein. Wo wir wieder beim bereits erwähnten Förderkonzept wären.

 

Was sind deine persönlichen Wünsche für die kommenden Monate?

 Vor allem, dass wir gemeinsam die schlimmen Zeiten weitgehend unbeschadet meistern und möglichst schnell wieder gesellschaftliche Normalität einkehrt. Es wäre doch schön, bei einem Basketballspiel alle Sorgen vergessen zu können.

 

(ds)

03.04.2020