Mit mehr als 130 Teilnehmenden bei der Auftaktveranstaltung im Kurhaus ist am Mittwoch die Bürgerbeteiligung zum neuen Klimaschutzkonzept der Stadt Bad Honnef gestartet. Nach kurzen Impulsvorträgen mit dem aktuellen Stand der Wissenschaft zum Klimaschutz, zum Energiebedarf und zur nachhaltigen Energieerzeugung folgten Arbeitsphasen in Kleingruppen, in denen die Teilnehmenden Ideen und konkrete Vorschläge sammelten. Diese wurden am Abend dokumentiert und werden in den nächsten Wochen aufgearbeitet, um in das Klimaschutzkonzept einfließen zu können.
„Der Staat, das Land und die Kommune legen beim Klimaschutz an Geschwindigkeit zu. Aber mit Blick auf die Zahlen bei Energieerzeugung und Energieverbrauch wird schnell klar: ohne den Einsatz und die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger wird die Energiewende nicht funktionieren“, resümierte Bürgermeister Otto Neuhoff die Ergebnisse des Abends, an dem rund doppelt so viele Bad Honneferinnen und Bad Honnefer teilnahmen wie ursprünglich angemeldet: „Klimaschutz ist eine Kopfsache: wir müssen im wahrsten Sinne des Wortes umdenken, unser Verhalten anpassen und andere Menschen von der Notwendigkeit und auch der Sinnhaftigkeit der Maßnahmen überzeugen. Für die städtischen Maßnahmen in Bad Honnef gilt: Wir müssen nach Wirkungsgrad priorisieren. Wer nicht priorisiert, wird nichts Wesentliches erreichen.“
Denn um einen drastischen menschengemachten Klimawandel aufzuhalten, dränge die Zeit, wenn es nicht gar schon zu spät sei, resümierte Prof. Dr. Markus Hemmer, Studiengangleiter an der IU und Gründungsmitglied des Umweltbeirats der Stadt Bad Honnef, den aktuellen Stand der Forschung: „Wir haben weniger als 30 Jahre Zeit, unseren CO2-Ausstoß auf null zu senken, um die sich gegenseitig verstärkenden Klimawandeleffekte aufzuhalten. Uns fehlt daher die Zeit, bestehende experimentelle Methoden, die einen Teil des CO2 aus der Atmosphäre entfernen könnten, zu testen und ausreichend zu entwickeln.“
An Potenzial, statt fossiler zukünftig nachhaltige Energiequellen im Stadtgebiet zu nutzen und damit den CO2-Ausstoß drastisch zu reduzieren, mangele es nicht. Das hat Dr. Markus Brüne vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) ermittelt. Mit rund 57,3 Prozent des Primärenergiebedarfs in Nordrhein-Westfalen wird für die Wärmeerzeugung mehr Energie benötigt als für Mobilität und Stromerzeugung zusammen. Daher sei die Energiewende auch eine Wärmewende, betonte Brüne. Der Raumwärmebedarf aller Immobilien in Bad Honnef betrug im Jahr 2021 rund 309 Gigawattstunden und dürfte durch verschiedene Effekte bis 2030 auf 245 Gigawattstunden jährlich sinken. Allein das Potenzial an oberflächennaher Geothermie im Stadtgebiet könnte 299 Gigawattstunden im Jahr liefern. Ob Geothermie, Boden- oder Luftwärmepumpen: Strom aus erneuerbaren und vor Ort erzeugten Energiequellen einzusetzen sei nötig, um sich von fossilen Energiequellen loszulösen. „Der Anteil von EEG-Strom am Gesamtstrom in NRW betrug zuletzt etwa 16,8 Prozent, in Bad Honnef nur rund 3,8 Prozent“, hat Dr. Brüne ermittelt. Allein zwei Windräder, für die theoretisch auch nur ein Standort südöstlich von Wülscheid oder Orscheid in Frage käme, mit 16 Gigawattstunden Jahresertrag würden den EEG-Stromanteil für Bad Honnef auf rund 20 Prozent erhöhen. Noch größer sei das Potenzial bei der Photovoltaik: 70 Gigawattstunden Strom könnten auf den Dachflächen in Bad Honnef jährlich erzeugt werden, von denen bislang aber nur 4,6 Gigawattstunden auch tatsächlich erzeugt werden. „Mehr Photovoltaik wäre nicht nur ökologisch sinnvoll: die sogenannten Stromgestehungskosten für die Erzeugung einer Kilowattstunde sind bei den konventionellen, fossilen Quellen mittlerweile deutlich teurer als bei den erneuerbaren Energien.“
Die Impulse wurden von den Teilnehmenden in moderierten Arbeitsgruppen vertieft. Binnen weniger als einer Stunde waren die Pinnwände mit Anregungen und konkreten Handlungsempfehlungen rund um die Themen Mobilität, Erneuerbare Energien, Sanieren-Planen-Bauen, Gewerbe-Handel-Dienstleistung-Tourismus und „die Kommune und Bürgerschaft als Vorbild“ gefüllt. Die Ergebnisse werden in den kommenden Wochen gesammelt, sortiert und sollen digital zur Verfügung gestellt werden.
„Wir sind für jede Idee sehr dankbar“, betonte Klimaschutzmanager Swen Schmitz, der das Projekt zur Erstellung des neuen Klimaschutzfahrplans koordiniert. Neben den Ideen der Bürgerschaft werden auch Untersuchungen für eine detaillierte Energie- und Treibhausgasbilanz der Stadt, eine regelmäßige Kommunikation zu Klimaschutzthemen berücksichtigt, um strategische Ziele und konkrete Maßnahmen zu ermitteln, die im Sommer 2023 vom Stadtrat beschlossen werden sollen.
Bürgerinnen und Bürger, die nicht auf der Auftaktveranstaltung im Kurhaus waren, können sich in den kommenden Wochen sowohl per E-Mail an Klimaschutz@bad-honnef.de beteiligen als auch im Internet auf einer Interaktiven Ideenkarte unter https://ideenkarte.meinbadhonnef.de .
Ideen und Anregungen für das neue Klimaschutzkonzept können ab sofort per E-Mail an klimaschutz@bad-honnef.de an die Stadt Bad Honnef übermittelt werden. Fragen zur Auftaktveranstaltung beantwortet Swen Schmitz, Klimaschutzmanager der Stadt Bad Honnef, unter Telefon 02224 / 184-343 oder E-Mail an Swen.Schmitz@bad-honnef.de .
Einige Impressionen vom Tag ..
Quelle: Thomas Heinemann – Stadt Bad Honnef — Fotos: © Thomas Scheben
14.09.2022